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LXII ZUR VOLKSKUNDE. Reformsekten.aus der Kriegerkaste, Namens Nânak (1469-1538), zu dem Zwecke
gestiftet worden, eine Vereinigung zwischen Hindus und Moham-
medanern
herbeizuführen, was auch der vorurteilslose moham-
medanische
Kaiser Akbar (1542-1605; S. 162) durch Gründung
eines neuen Glaubens und Kultus erstrebte, der aber mit ihm zu
Grabe getragen wurde. Nânak hat in starker Abhängigkeit von
dem S. LXI gen. Kabîr die Einheit Gottes und die Gleichheit aller
Menschen vor Gott verkündigt und Götzendienst, Wallfahrten und
alles Zauberwesen ebenso verworfen wie die Kastenordnung und die
Ansprüche der Brahmanen. So ansprechend dieser Glaube und
seine reine Sittenlehre ist, so gering ist deren Wirkung auf das
Leben der Sikhs gewesen, die lange Zeit einen eigenen Staat gebil-
det
und ein wildes Räuberleben geführt haben. Die politischen und
sozialen Zustände des Pandschâb haben diese Religion, die an sich
nichts Neues brachte, zu einem Erfolge geführt, der im ganzen nur
als ein äußerlicher zu bezeichnen ist.

Viel Beachtung in Europa hat der von Râm Môhan Roy (1772-
1833
) gegründete Brâhmasamâdsch (etwa heiliger Bund) gefun-
den
, eine philanthropische Sekte, die höheres Menschenglück durch
Annäherung der großen Religionen erstrebt, aber besondere Kultus-
formen
ablehnt. Der Stifter war von dem Pantheismus der Upani-
schaden
(S. LI) ausgegangen, ist aber im Laufe der Zeit immer
stärker vom Christentum beeinflußt worden, das auch auf die
weiteren Entwicklungsstufen der Sekte in dogmatischer, mora-
lischer
und sozialer Hinsicht sehr förderlich eingewirkt hat. In den
sonntäglichen Andachten des Brâhmasamâdsch werden Abschnitte
aus der Bibel neben solchen aus dem Veda, dem Avesta (der heiligen
Schrift der Parsen) und dem Koran verlesen. Die Sekte zählt gegen
200 Gemeinden und nach dem Zensus von 1901 im ganzen 4050 Mit-
glieder
; die Gemeinden sind also nur sehr klein, und die ganze Be-
wegung
ist, wie nicht anders zu erwarten war, auf die geistig am
höchsten stehenden Volksschichten Indiens beschränkt geblieben.

Sehr viel weitere Verbreitung hat der von Dayânand Sarasvatî
1875 in Bombay gegründete Âryasamâdsch (Bund der Arier)
gefunden, der über 100000 Mitglieder zählt, die hauptsächlich im
Nordwesten Indiens wohnen. Auch diese Sekte verwirft jeden
Götzendienst, bekennt sich zu einem reinen Monotheismus und
bemüht sich um die Verbesserung der sozialen Verhältnisse. Als
einzige Offenbarung Gottes gelten ihr die Veden, die zu dem Zwecke
in gutem Glauben auf eine höchst absonderliche, vollkommen un-
wissenschaftliche
und phantastische Art erklärt werden.

Der spiritistische Unfug der theosophischen Gesellschaft von
Madras gehört nicht in diese Einleitung; denn die von Madame Blavatsky,
Colonel Olcott und ihren Nachfolgern in vielen unklaren Köpfen ange-
richtete
Verwirrung ist nicht eine spezifisch indische Erscheinung.